Mit Herbstbeginn 2020 sind die Infektionen durch das COVID-19-Virus erwartungsgemäß deutlich angestiegen. Während man zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 noch versuchte, die Verbreitung des Virus mit einem Lockdown des gesamten öffentlichen Lebens einzudämmen, verfolgt man nun eine andere Strategie.

Schärfere Auflagen, wie eine ausgeweitete Maskenpflicht, Alkoholverbote, Sperrstunden, strenge Kontaktbe-schränkungen werden jetzt regional in sogenannten „Hotspots“ verhängt, in denen die Infektionszahlen den kritischen Wert überschreiten.

Für die Ortsgruppen stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, wie mit der Durchführung der Jahreshaupt-versammlungen während der Corona-Pandemie zu Ende des Jahres bzw. zu Beginn des neuen Jahres umgegangen werden soll. Denn in so mancher Ortsgruppe ist das Vereinsheim nicht groß genug, um eine Mitgliederversammlung unter Wahrung der Abstandsund Hygieneregeln durchzuführen.

1. Durchführung einer Präsenzveranstaltung nicht möglich
Zur Durchführung einer jährlichen Jahreshauptversammlung zum Schluss des Vereinsjahres im Januar oder Dezember besteht für den Vorstand der Ortsgruppe eine satzungsmäßige Verpflichtung nach § 12 Abs. 1 Satzung der Ortsgruppen (SdO). Sie muss außerdem spätestens vier Wochen vor der zuständigen Landesversammlung stattfinden.

Ist die Durchführung der Jahreshauptversammlung im Vereinsheim der Ortsgruppe nicht möglich, weil hier die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können, muss der Vorstand versuchen, einen anderen Versammlungsort zu finden. In manchen Gemeinden besteht hier vielleicht die Möglichkeit, kostenfrei oder für eine geringe Gebühr einen Gemeindesaal zu nutzen. Ansonsten müsste man auf eine Gaststätte mit entsprechender Tagungsmöglichkeit ausweichen.

Die Pflicht zur Einberufung scheidet nur ausnahmsweise aus, wenn wegen der COVID-19-Pandemie eine Präsenzveranstaltung im Umkreis der Ortsgruppe verboten ist, weil in der Region der kritische Inzidenzwert überschritten wurde und Versammlungen ab einer bestimmten Teilnehmerzahl dort verboten sind. Davon dürften aber nur mitgliederstarke Ortsgruppen
im Einzelfall betroffen sein.

Gleiches gilt, wenn die Durchführung einer Präsenzveranstaltung unter Berücksichtigung der Mitgliederstruktur mit zu hohen Risiken und/oder die Durchführung einer (Präsenz- oder virtuellen) Jahreshauptversammlung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre. Dies muss jede Ortsgruppe im Einzelfall sorgfältig prüfen und im Hinblick auf die oben erwähnte satzungsmäßige Verpflichtung unter Berücksichtigung ihrer Fürsorgepflicht ihren Mitgliedern gegenüber entscheiden. Zuständig für diese Entscheidung ist nach § 14 Abs. 1 SdO der Vorstand der Ortsgruppe.

Folgen einer ausgefallenen Jahreshauptversammlung:

die Delegierten aufgrund des Ausfalls der Jahreshauptversammlung nicht gewählt werden, besteht das
Mandat der zuletzt gewählten Delegierten deshalb weiter.

Vorstand:  Falls in der Ortsgruppe Neuwahlen hätten durchgeführt werden müssen, bleibt der bisherige Vorstand nach § 19 Abs. 1 SdO weiterhin satzungsgemäß im Amt.

Delegierte zur LV:  Die Satzung bestimmt zwar in § 13 Abs. 1 lit. c), dass die Delegierten jährlich zu wählen sind. In der Satzung ist aber keine Dauer der Amtszeit und insbesondere auch kein Ende von dieser festgelegt. Können die Delegierten aufgrund des Ausfalls der Jahreshauptversammlung nicht gewählt werden, besteht das Mandat der zuletzt gewählten Delegierten deshalb weiter.

Kassenprüfer:  Da auch für die Kassenprüfer kein Amtsende in der Satzung gestgelegt ist, bleiben diese weiterhin in ihrer Funktion.

Kassenprüfung:   Nachdem an der Kassenprüfung nur wenige Personen teilnehmen, sollte diese unter Beachtung der üblichen Schutz- und Hygienemaßnahmen problemlos durchgeführt werden können. Die Entlastung des
Vorstandes erfolgt dann eben auf der nächstmöglichen Mitgliederversammlung.

In jedem Fall besteht für den Vorstand der Ortsgruppe im Falle einer ausgefallenen Jahreshauptversammlung die Verpflichtung, die Jahreshauptversammlung nachzuholen, sobald die Durchführung wieder möglich ist.

2. Alternativen für eine Präsenzveranstaltung

2.1. „Virtuelle“ Mitgliederversammlung
Vor der Corona-Pandemie war eine Mitgliederversammlung in Form einer Videokonferenz nur möglich, wenn dies die Satzung ausdrücklich zulässt. Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie sieht in Art. 2 § 5 Abs. 2 eine Änderung der bisherigen Rechtslage vor und lässt während der Dauer der Corona-Pandemie die Abhaltung der Mitgliederversammlung im virtuellen Raum bzw. durch elektronische Kommunikation auch ohne entsprechende Satzungsregelung zu.

Damit wäre auch eine virtuelle Jahreshauptversammlung möglich, zu denen sich der Vorstand und die Mitglieder in einem Chat-Raum oder per Video-Konferenz zusammenschalten können. Die Durchführung einer solchen virtuellen Mitgliederversammlung setzt zum einen voraus, dass sämtlichen Mitgliedern der Zugang zur virtuellen Versammlung gewährleistet ist. Zum anderen muss aber zugleich auch sichergestellt werden, dass nur solche Personen teilnehmen, die auch Mitglied der Ortsgruppe und des SV sind. Dies wird beispielsweise durch individuelle Zugangsdaten ermöglicht.

Vor allem bei Ortsgruppen mit größerer Mitgliederzahl dürften bekannte technische Systeme klassischer Video-konferenzen wie z. B. Microsoft Teams oder Team Viewer dabei schnell an ihre Grenzen kommen, vor allem dann, wenn es um rechtssichere Abstimmungen geht. Um chaotische Versammlungsverläufe bei einer größeren Zahl von Teilnehmern zu verhindern, müssen klare Spielregeln vorgegeben und ggf. Moderatoren eingesetzt werden. Darüber hinaus muss ein System ausgewählt werden, das auch den datenschutzrechtlichen Anforderungen genügt, was nicht bei allen derzeit nutzbaren Systemen gesichert erscheint. Hier wird man um den Einsatz eines professionellen – und damit entsprechend kostenpflichtigen Systems – nicht herumkommen. Da die Kosten solcher Systeme aber erst bei ca. 2.000 € beginnen, wird dies auch für mitgliederstarke Ortsgruppen nicht in Frage kommen.

Für kleinere Ortsgruppen mit bis zu 25 oder höchstens 30 Mitgliedern könnte eine virtuelle Versammlung mit herkömmlichen Videochatprogrammen aber durchaus eine (kostengünstige) Alternative sein. Stiftung Warentest hat vor einiger Zeit 12 solche Programme einem Test unterzogen. Das Ergebnis können Sie hier nachlesen: https://www.test.de/Videochat-Programme-im-Test-Die-besten-Tools-fuer-Video-Telefonie-5605104-0

2.2. Beschlussfassung im Umlaufverfahren
Bislang konnten Beschlüsse in Vereinen im schriftlichen Verfahren nur gefasst werden, wenn dies in der Satzung verankert war oder alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklärten (§ 32 Abs. 2 BGB). Auch hier sieht das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz eine Erleichterung vor und ermöglicht eine Beschlussfassung ohne Versammlung der Mitglieder, wenn

  • alle Mitglieder an der Beschlussfassung im Umlaufverfahren beteiligt werden,
  • mindestens die Hälfte der Mitglieder bis zum Ende der gesetzten Entscheidungsfrist in Textform (dazu gehören auch Fax und E-Mail) an der Abstimmung teilnehmen und
  • der Beschluss mit der nach der Satzung erforderlichen Mehrheit gefasst wird (in der Regel mit einfacher Mehrheit).

Kann eine Jahreshauptversammlung aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden, könnten für die Ortsgruppe besonders wichtige und eilbedürftige Beschlüsse also auch im Umlaufverfahren herbeigeführt werden.

Die Entlastung des Vorstandes ist dabei aus unserer Sicht in diesem Zusammenhang keine Abstimmung, die unbedingt im Umlaufverfahren durchgeführt werden müsste. Sie kann jederzeit auf der nächsten Mitgliederversammlung nachgeholt werden. Die Entscheidung, ob und welche Abstimmungen im Umlaufverfahren getroffen werden, obliegt dem Vorstand der Ortsgruppe.

Durchführung der Jahreshauptversammlungen